Meine erste Wanderfahrt: Zielfahrt zum Ruder-Club Süderelbe am 10. August 2019
Die Straßen sehen frisch gewaschen aus, als ich mich am Samstag früh um 8.15 Uhr auf mein Fahrrad schwinge
… auf dem Weg zum Ruderclub. Schon Tage zuvor bin ich aufgeregt, ob ich die Strecke schaffen werde und wie ich die Konzentration aufbringe, einen ganzen Tag zu rudern, wo doch jeder Schlag noch meine ganze Aufmerksamkeit fordert. Ich habe alles gut vorbereitet, genügend Wasser und Proviant eingepackt, Wechselkleidung und Sonnencreme; eine Kappe und eine Regenjacke habe ich sogar noch gekauft.
Die Vorbereitungen sind schon in vollem Gange
Als ich ankomme, sind Ralf, Klaus-Henning und Bernd schon da. Es liegen schon Säcke, Seile, Lenzpumpen, Bootsabdeckungen und natürlich jede Menge Säcke am Steg. Ich werde freundlich – wie immer – und mit Handschlag begrüßt – ich bin neu im Verein, stelle ich mich vor.
Deine erste Wanderfahrt? Ich rudere mit Bernd, Clemens und David in der „Erland Giese“, Johannes ist unser Obmann.
Ralf, unser Fahrtenleiter, gibt letzte Anweisungen
Ruhig und bestimmt erklärt er kurz die Route und wer das Sagen hat, dass in den Schleusen Rettungswesten zu tragen sind und wann gewechselt wird und dass wir immer auf Sicht fahren und die beiden Boote zusammenbleiben. Mir ist klar, ich muss wachsam sein und schnell auf alle Anweisungen reagieren – das kenne ich vom Segeln.
Als wir um 9.15 Uhr abstoßen, glitzert die Alster im frühmorgendlichen Sonnenschein. Neben uns die „Luzern“ mit Klaus-Hennig, Ruth, Anne, Heike und Ralf.
Die Flaggen wehen freundlich im Wind, alle sind guter Dinge.
Mich überkommt ein kleiner Glücksschauer: So hatte ich mir Rudern vorgestellt!
Kurz nach dem Ablegen begegnen wir schon einem Boot der Protesia mit dem gleichen Ziel, Boote aus Wandsbek und von den Teichwiesen sind auch auf dem Weg. Alle haben das gleiche Ziel: Ruder-Club Süderelbe. Bei den Favoriten übernehmen die erfahrenen Obmänner das Steuer.
Wir schleusen am Rathaus
Alles geht mit großer Ruhe vor sich und bietet Zeit zu verschnaufen. Ich beobachte genau, wie das Boot mit Peekhaken in Position gehalten wird und wie die großen Tore sich heben und senken, Wasser rausgepumpt wird und wir schließlich auf die Elbe ausgespuckt werden, zwei kleine Ruderboote, die durch die Hafenbecken ziehen, vorbei an hohen Kaimauern und Containern. Die Uhr auf dem Michel zeigt kurz vor 11. Auf der Norderelbe ist kaum Schiffsverkehr und schon bald ist das Ufer grün und schilfbewachsen. Einen Reiher sehe ich am Ufer, aber die meiste Zeit schaue ich auf den Rücken von David, der auf Schlag sitzt und konzentriere mich auf meinen eigenen Schlag. Noch einmal Wechsel auf der Veddel bei den Wikingern. Dann Durchrudern bis zum RC Süderelbe, wobei Johannes und David noch einmal auf dem Wasser tauschen.
Bis zur Bunthäuser Spitze schieben uns Rückenwind und auflaufendes Wasser voran
Nach der Spitze kommt mehr Wind auf und er bläst von vorn. Am Ufer stehen die Kilometerzahlen 610, 611, 612, 613. Die letzten Schläge vor dem Etappenziel werden hart. Es beginnt kurz zu regnen. Ich versuche nicht an die Zeit, an die Kilometer zu denken, sondern nur Schlag für Schlag im Rhythmus zu bleiben. Das hat mir bisher immer geholfen und ich bin überrascht, dass wir schon zwei Stunden gerudert sind. Jetzt hoffe ich doch, dass bald das Ziel in Sicht ist und bin froh, als Johannes sagt, er könne den Grill schon riechen. Noch um eine Ecke in die geschützte Bucht des Ruder-Club Süderelbe von 1892 e.V., wir werden sofort begrüßt mit einem Hinweis, wo wir das Boot windgeschützt festmachen können. Aussteigen und erstmal strecken!
Oder doch erstmal einen Pflaumenschnaps – es ist meine erste Fahrt, also gehört er wohl dazu – Prost!
Und dann ein Blick in den kleinen Hafen, der voller Ruderboote liegt, die alle an dieser Zielfahrt teilgenommen haben. „Schön, dass ihr gekommen seid!“ Der Grill ist schon gut durchgeglüht, wir sind wohl die letzten Ankömmlinge, und schnell hat jeder das auf dem Teller, was ihm am besten schmeckt, Wurst und Fleisch und Kartoffelsalat und Kaffee und Kuchen, alles schmeckt vorzüglich nach dieser Anstrengung. Eine Stunde Pause, um 14.30 Uhr geht’s weiter, ist die Ansage von Ralf. Ich bin froh, dass ich jetzt steuern darf.
Weiter die Süderelbe hinunter bis zur Köhlbrandbrücke
Der Wind frischt merklich auf, ab und zu ein paar Tropfen von oben. Das Wasser wird kabbelig und schwappt über die Bordwand. Ich bin auch froh, dass ich jetzt nicht rudern muss. Nach der Brücke biegen wir in den Roßhafen. Der Wind drückt uns vor die Schleuse an der Ellerholzbrücke, aber wir müssen nicht lange warten, bis wir hineindürfen. Im Schleusenbecken schwabbeln die Boote immer noch ziemlich auf dem aufgewühlten Wasser, aber kaum öffnet sich das Tor zum Reiherstieg, ist das Wasser still und glatt. Nun wechseln wir am Ernst-August-Kanal an einem winzigen, wackeligen Steg, an dem nur jeweils ein Boot festmachen kann, und ich habe nun wieder richtig Lust, mich „in die Riemen zu legen“ (es sind natürlich Skulls!). Zugegeben, finde ich das Kohlekraftwerk Moorburg und den Schrott im Roßhafen weniger spannend, aber …
In der spätnachmittäglichen Sonne bei leichter Brise an der Elphi vorbei zu rudern, das hat etwas sehr Erhebendes.
Wie das wohl von oben aussehen mag, ich kann mich gar nicht erinnern, von oben schon mal Ruderboote auf der Elbe beobachtet zu haben. Ich erlebe hier gerade wirklich etwas ganz Besonderes!
Wieder schleusen wir am Rathaus und ich frage mich, ob es die gleichen Schleusen sind. Aus der anderen Perspektive sehen die Schleusentore noch mächtiger aus. Und nun sind wir auch nicht nur zwei Boote, sondern sieben oder acht, die sich mit großem „Ein dreifaches Hoch auf den Schleusenwärter – hipp, hipp hurra!“ auf Alster-Niveau hochpumpenlassen. Letzter Wechsel bei den Favoriten – wo ist denn hier das Klo? – und dann Endspurt.
Ich bin überrascht, dass ich auf der letzten Strecke noch so viel Kraft entwickeln kann
Aber ich lege mich noch mal richtig ins Zeug – das muss das Adrenalin sein. 43 km sind wir gerudert, oder doch 46, wie Clemens ausgerechnet hat? Beim Anlegen wird die Mannschaftsdisziplin schon mal ausgesetzt und individuelles Aussteigen angesagt, was einer von uns etwas zu wörtlich nimmt und sich plötzlich zur Abkühlung im Wasser wiederfindet. Das Ausheben der Boote und die gründliche(!) Reinigen kosten dann doch wieder viel Mannschaftsdisziplin und unsere letzte Kraft, alle sind müde und erschöpft und fast wäre uns die „Erland Giese“ beim Drehen aus der Hand gerutscht…
Am Morgen hatte Ruth gesagt, dass die Wanderfahrten für sie das Schönste am Rudern sind. An diesem Abend kann ich ihr nur zustimmen.
Meine erst Wanderfahrt war ein wunderbares Abenteuer, das Lust macht auf mehr Fahrten
… auf mehr Rudern und vor allem auf mehr Kameradschaft in unserem herzlichen Verein.
Danke Ralf für die Organisation und Euch allen für diesen erlebnisreichen Tag.
Text: Marili Ranft
Fotos: David Csizmár, Marili Ranft
11. August 2019